Lingen, 22.06.2023
Am 21.06.2023 fand die diesjährige Vertreterversammlung der Emsländischen Volksbank in der EmslandArena in Lingen statt. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Gerd Partmann und die Vorstände Jürgen Hölscher, Klaus Krömer und Carsten Schmees konnten hierzu fast 400 Teilnehmer begrüßen und ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2022 präsentieren. Die Highlights:
- Bilanzsumme gestiegen auf 3,3 Milliarden Euro
- Kundenwertvolumen von mehr als 6,4 Mrd. Euro
- Kreditwachstum über alle Segmente + 7 %
- Anlagewachstum + 7 %
- vier Prozent Dividende für Mitglieder
- Gastvortrag „Nachhaltigkeit, Ernährung, Zukunft“ von Prof. Franz Josef Radermacher
Intensives Jahr 2022
Vorab dankte Jürgen Hölscher Mitgliedern und Kunden für die gute Zusammenarbeit und dafür, dass Sie die mit der Verschmelzung verbundenen Unannehmlichkeiten geduldig ertragen haben und ihrer Bank treu geblieben sind.
„Das Jahr 2022 war intensiv und hat uns alle gefordert. Die Dynamik im Bankenumfeld ist ungebrochen hoch, die Zeiten werden anspruchsvoller und Erfolgsgeschichten sind keine Selbstverständlichkeit. Die Welt ist im Wandel, mehr als wir alle es erwartet haben und uns wünschen würden. Krieg, Klimawandel, Politik, Gesellschaft und Ökonomie verändern die Lage in gegenseitiger Abhängigkeit rasant, die Welt wird schneller, komplexer, unberechenbarer.“
Stabiles Jahresergebnis
Trotz dieser Rahmenbedingungen stieg das Kreditvolumen um 157 Mio. € (+7 Prozent). Über alle Formen der Geldanlagen hinweg sind der Bank im vergangenen Jahr 304 Mio. Euro neue Mittel von ihren Mitgliedern und Kunden anvertraut worden. Das gesamte Kundenwertvolumen liegt damit über 6,4 Mrd. Euro (+5,3 Prozent). Die Bilanzsumme stieg auf 3,3 Mrd. Euro (+ 7 Prozent).
Hölscher fasste zusammen: „Erste positive Effekte aus der Fusion und den Investitionen sind sichtbar, weitere müssen zwecks Eigenkapitalstärkung nach und nach gehoben werden. Das Prinzip „Erst funktionieren, dann optimieren“ hat sich bewährt. Die wirtschaftliche Entwicklung im Geschäftsjahr 2022 war insgesamt zufriedenstellend. Für 2023 ff. erwarten wir weiteres Wachstum, verbunden mit weiteren Ergebnisverbesserungen.“
In der Region – Für die Region
„Größer werden, um sich „das Kleinsein“ und die regionale Nähe weiterhin leisten zu können“ stand als Leitgedanke über der Fusion im Jahr 2021. Folgerichtig arbeitet die Emsländische Volksbank nach den Grundwerten „Nah – Kompetent – Gemeinsam“.
Nah
Carsten Schmees nannte Beispiele dazu: „Mit „Nah“ wollen wir ausdrücken, dass wir zu unseren Geschäftsstellen stehen und erhebliche Investitionen in die Filialen vor Ort tätigen, um unseren Mitgliedern und Kunden qualifizierte Bankdienstleistungen in unserer Region anzubieten. In Haren zum Beispiel haben wir den Standort mit einem hochmodernen Filialneubau gestärkt und Mitte Februar feierlich eröffnet.“
Auf Nachfrage eines Vertreters erklärte Klaus Krömer, dass kurzfristig eine Modernisierung des Erscheinungsbildes des Bankgebäudes an der Emsstraße in Meppen durch bauliche Veränderungen an der Außenfassade geplant ist. Die Umsetzung richtet sich u.a. nach der zeitlichen Verfügbarkeit der noch zu beauftragenden Handwerker, möglichst soll noch in diesem Jahr mit den Arbeiten begonnen werden.
Mittelfristig geplant ist auch die bauliche Entwicklung des hier derzeit als Mitarbeiterparkplatz genutzten „Grundstücks Augustin“.
Kompetent
Carsten Schmees führte zu den Grundwerten der Genossenschaftsbank weiter aus, „Kompetent“ stehe für die qualifizierte Beratung vor Ort. Dies stelle man über die Filialberater und im Besonderen über Spezialberater sicher. Im wichtigen Agrarbereich, auf den rund 21 % aller Ausleihungen entfallen, stünden an drei Standorten in Dörpen, Meppen und Lingen, Spezialisten in den Filialen oder vor Ort auf den Höfen der Mitglieder und Kunden als starke Ansprechpartner zur Seite. Für das Firmenkundengeschäft oder die Vermögensberatung gelte das Gleiche. Ergänzt werde das persönliche Beratungsangebot mit über 80 digitalen Bankdienstleistungen.
Gemeinsam
„Gemeinsam“ bedeute für die Genossenschaftsbank, dass man die Region fördere. Dazu gehöre die Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements mit den Zweckerträgen der VR-Gewinnspargemeinschaft, der VR-Stiftung sowie weiteren Bankspenden – im letzten Jahr einer Gesamtsumme von 167000 €. Schmees weiter: Auch als nicht unbedeutender Arbeitgeber und verlässlicher und stabiler Steuerzahler leisten wir unseren Beitrag zur Wertschöpfung vor Ort: Rund 12,6 Mio. € Kaufkraft floss 2022 allein an Gehaltszahlungen in unsere Region, rund 4,2 Mio. € Gewerbesteuer und 3,8 Mio. € Lohnsteuer. 20 neue Unternehmen konnten 2022 durch unsere Unterstützung neu gegründet werden und über 72000 Beratungsgespräche wurden im letzten Jahr durch unsere Mitarbeitenden geführt. Diese Beispiele belegen unseren satzungsmäßigen Förderauftrag eindrucksvoll.
Globale Betrachtung
Im Anschluss kam Schmees auf die globale Lage zu sprechen. Der Beginn des Ukrainekrieges sei als Strukturbruch zu sehen und lasse gravierende politische und wirtschaftliche Folgen erwarten. Zum einen sei die Zeit des günstigen sibirischen Gases vorbei, genauso wie der Import von billigen Vorprodukten aus China und anderen Ländern. Die Ära der Globalisierung unterliege einer Zeitenwende. Strategische Abhängigkeiten – das habe man auch in der Corona-Pandemie gesehen – sollten minimiert und die heimische Produktion von essenziellen Gütern wieder neu aufgebaut werden.
Was bedeutet das wirtschaftlich?
Die Restrukturierung der Lieferketten und die grüne Transformation werden zunächst für einen Investitionsboom und mögliche Produktivitätssprünge sorgen. Man müsse uns allerdings aufgrund der geringeren internationalen Arbeitsteilung, dem Ende der Globalisierung und höheren Rohstoffpreisen aufgrund von Angebotsengpässen auf eine höhere Inflation einstellen. Die Wirtschaftsentwicklung werde volatiler, also schwankungsanfälliger sein.
Zinsen
Bezogen auf die Zinsentwicklung erwartet die Emsländische Volksbank insgesamt zunehmend steigende Zinsen, da die EZB voraussichtlich bei den nächsten Treffen Zinssatzerhöhungen beschließen wird, um die zu hohe Inflation in den Griff zu bekommen.
Schmees erklärte dazu: „Das sind gute Nachrichten für Sparer, aber weniger gute für diejenigen, die ein Eigenheim bauen wollen. Auch in unserem Geschäftsgebiet spüren wir diese Entwicklung sehr deutlich. Das Neugeschäft ist signifikant zurückgegangen. Immer mehr Menschen geben zurzeit reservierte Grundstücke zurück. Die hohen Baukosten in Verbindung mit dem deutlichen Anstieg der Effektivzinssätze, die sich innerhalb eines Jahres ungefähr verdreifacht haben, führen dazu, dass viele von dem Wunsch, in den eigenen vier Wänden zu leben, Abstand nehmen. Hier ist meines Erachtens – auch vor dem Hintergrund der Wohnknappheit aufgrund des Anstiegs der Bevölkerung, unter anderem auch den Zuzug von Flüchtlingen – der Staat gefordert, die Rahmenbedingungen für den Wohnungs- und Eigenheimbau zu verbessern, wenn wir das Ziel von 400 000 Wohneinheiten pro Jahr erreichen wollen.“
Dividende in Höhe von vier Prozent
Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Gerd Partmann attestierte dem Vorstand, auch in 2022 wieder sehr solide gewirtschaftet zu haben. „Die Emsländische Volksbank eG ist sehr gut aufgestellt und auf Kurs.“
Die Genossenschaftsbank konnte nach Abzug von Steuern einen Jahresgewinn von 3,63 Mio. Euro ausweisen. Aufgrund der ordentlichen Geschäftsentwicklung empfahlen Aufsichtsrat und Vorstand des Kreditinstitutes die Ausschüttung einer Dividende in Höhe von vier Prozent für die Mitglieder. Die Vertreterversammlung folgte diesem Vorschlag mit einstimmigem Votum.
Wahlen zum Aufsichtsrat
Zur Wiederwahl in den Aufsichtsrat stellten sich die Aufsichtsratsmitglieder Maria-Anna Lau, Christine Wöste, Konrad Brunsing-Manemann, Winfried Diekmann und Ansgar Tappel. Sie wurden von den Vertretern für eine weitere Amtsperiode in das Gremium berufen. Andreas Coppenrath kandidierte nicht erneut und schied auf eigenen Wunsch nach 25 Jahren aus dem Aufsichtsrat aus.
Auch Ernst Rolf Schmitz konnte auf eine 25-jährige ehrenamtliche Aufsichtsratstätigkeit zurückblicken. Dr. Gerd Partmann dankte ihm mit der Verleihung der Ehrennadel in Silber: „Seit 1998 bist du im Aufsichtsrat tätig und hast die genossenschaftliche Entwicklung unserer Emsländischen Volksbank eG maßgeblich mitgestaltet. In deine Amtszeit fielen gleich fünf Fusionen: Die damalige Emsländische Volksbank eG verschmolz im Jahr 2000 mit der Raiffeisenbank Wesuwe eG und der Raiffeisenkasse Twist eG. Im Jahr 2002 folgte die Fusion mit der Volksbank Dörpen eG und 2004 mit der Aschendorfer Bank eG. Außerdem hast du eine Reihe zukunftsweisender Veränderungen in der Bank begleitet, wie zum Beispiel die Vorstandswechsel von Gerhard Bramlage zu Frank Thiel und Gerhard Lütjen zu Klaus Krömer. Schließlich folgte die fünfte Fusion im Jahr 2021 mit der Volksbank Lingen eG zur heutigen Emsländischen Volksbank eG in deiner Tätigkeit im Aufsichtsrat. Insbesondere die Fusion der Raiffeisenkasse Twist eG mit der damaligen Emsländischen Volksbank eG im Jahr 2000 hat dir als Twister besonders am Herzen gelegen. Außerdem hast du viele Jahre im Personalausschuss deine Kompetenz bewiesen. Trotz deiner Tätigkeit als hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Twist hast du es dir nicht nehmen lassen, im Aufsichtsrat der Bank deine Erfahrung in der Gremienarbeit und beim „Entscheidungen treffen“ einzubringen. Deine ruhige und ausgleichende Art habe ich dabei immer sehr geschätzt.“
Gastvortrag „Nachhaltigkeit, Ernährung, Zukunft - Wie sehen tragfähige weltweite Lösungen aus“
Prof. Franz Josef Radermacher ist Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung, Ulm und war bis 2018 Professor für Informatik an der Universität Ulm. Bekannt geworden ist er u. a. durch sein Eintreten für eine weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft und durch sein Engagement in der Global Marshall Plan Initiative, die sich seit 2003 für eine gerechtere Globalisierung, eine „Welt in Balance“, einsetzt.
Aufholender Wohlstand für Entwicklungs- und Schwellenländer wichtiger als Umwelt- und Klimaschutz
Radermacher stellte in seinem Vortrag seinen Ansatz zur Lösung der Klimakrise vor. Die Klimathematik wirft vielfältige Gerechtigkeitsfragen auf. Besonders deshalb, weil diejenigen, die am schlimmsten betroffen sind, am wenigsten zum Problem beigetragen haben. Sie verfügen über die geringsten Mittel, um sich vor den Folgen zu schützen. Das Thema gewinnt ständig an Schärfe, weil Klimaschutzanliegen auf Wohlstandserwartungen treffen. Das war schon vor 50 Jahren so, als Indira Ghandi auf der ersten Umweltkonferenz in Stockholm deutlich machte, dass den Entwicklungs- und Schwellenländern aufholender Wohlstand wichtiger ist als Umwelt- und Klimaschutz.
Energiewohlstand für alle ohne Klimakatastrophe ist möglich
Radermacher betonte, dass die aktuell verfolgte Klimapolitik zu einem massiven Rückgang unseres Wohlstands führen wird, ohne dabei weltweit ihr eigentliches Ziel des Klimaschutzes durch Reduzierung der Kohlenstoffemissionen zu erreichen. Seines Erachtens lässt sich Energiewohlstand für alle ohne eine Klimakatastrophe nur durch die Kopplung erneuerbarer Energien mit fossilen Energieträgern erreichen. Voraussetzung für die klimafreundliche Nutzung fossiler Energieträger sei das Carbon Capture and -Storing, also das Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid.
Mit dieser Option sei ein Wirtschaftswachstum von 5 – 6 % für afrikanische Länder realistisch. Der steigende Wohlstand führe zu einer sinkenden Kinderzahl und dadurch könne das Wachstum der Weltbevölkerung bis 2050 gestoppt werden. Mit dieser positiven Botschaft endete der offizielle Teil der Vertreterversammlung.